Wandern in den Religionen

Pilgern ist eine kulturelle und spirituelle Tradition, die in vielen Religionen auf der ganzen Welt praktiziert wird. In der Regel werden heilige Orte besucht. Hier eine Zusammenfassung quer durch einige der bekanntesten Religionen.

Pilgern in den 3 abrahamitischen Religionen

Das Pilgern spielt in den drei abrahamitischen Religionen – Judentum, Christentum und Islam – eine wichtige Rolle. Hier sind einige Beispiele für Pilgerstätten und Pilgerreisen in diesen Religionen:

Judentum:

  • Die Klagemauer in Jerusalem ist eine der wichtigsten Pilgerstätten für Juden. Es ist ein Überrest des antiken Tempels und gilt als der heiligste Ort im Judentum. Die Pilgerreise zur Klagemauer wird als „HaKotel HaMa’aravi“ bezeichnet.
  • Die Stadt Hebron im Westjordanland ist ein wichtiger Pilgerort für Juden, insbesondere die Höhle der Patriarchen, die als Grabstätte von Abraham, Isaak und Jakob gilt.

Christentum:

  • Die Stadt Jerusalem und ihre Umgebung sind wichtige Pilgerorte für Christen. Zu den wichtigsten Stätten gehören die Grabeskirche, die Geburtskirche in Bethlehem, die Verklärungskirche auf dem Berg Tabor und die Kirche der Heiligen Anna in Qiryat Yearim.
  • In Rom, dem Sitz des Papstes, gibt es viele wichtige Pilgerorte für Christen, darunter der Petersdom, die Sixtinische Kapelle und die Basilika Santa Maria Maggiore.
  • Eine Wallfahrt ist in der Regel eine Pilgerreise zu einem heiligen Ort, der in der christlichen Tradition oft mit einem bestimmten Heiligen oder einem Wunder verbunden ist. Die Motivation für eine Wallfahrt kann die Bitte um Heilung, eine spirituelle Erneuerung oder eine religiöse Verpflichtung sein.

Islam:

  • Die Kaaba in Mekka ist das wichtigste Heiligtum im Islam und das Ziel der Pilgerreise „Hadsch“. Der Hadsch findet jedes Jahr während des islamischen Monats Dhu al-Hijjah statt und ist eine der fünf Säulen des Islam.
  • Der Prophetenmoschee in Medina, Saudi-Arabien, ist ein wichtiger Pilgerort für Muslime. Es ist die Grabstätte des Propheten Mohammed und gilt als der zweitwichtigste Ort im Islam.
  • Die Al-Aqsa-Moschee und der Felsendom in Jerusalem sind auch wichtige Pilgerorte für Muslime. Der Felsendom ist ein wichtiger Ort im Islam, da es der Ort ist, an dem Mohammed auf seiner Nachtreise zum Himmel aufgestiegen sein soll.

Sikhismus

Im Sikhismus, einer monotheistischen Religion, ist die Pilgerreise zum Goldenen Tempel in Amritsar, Indien, eine wichtige religiöse Praxis. Der Goldene Tempel, auch Harmandir Sahib genannt, ist der zentrale Ort der Anbetung und der spirituellen Reinigung im Sikhismus. Er wurde im 16. Jahrhundert von Guru Arjan Dev Ji erbaut und ist seitdem ein heiliger Ort für die Sikhs.

Die Pilgerreise zum Goldenen Tempel wird als „Gurudwara Yatra“ bezeichnet und ist ein wichtiger Teil der Sikh-Praxis. Die Pilgerreise kann allein oder in Gruppen durchgeführt werden und besteht aus der Reise zum Goldenen Tempel und der Teilnahme an den täglichen Gebeten und Zeremonien.

Während der Pilgerreise zum Goldenen Tempel nehmen die Pilger an der „Langar“ teil, einem Gemeinschaftsessen, das im Sikhismus eine wichtige Rolle spielt. Die Langar ist eine kostenlose Mahlzeit, die von den Sikhs an alle Pilger und Besucher des Goldenen Tempels angeboten wird, unabhängig von ihrer Religion, Kaste oder sozialen Stellung.

Die Pilgerreise zum Goldenen Tempel ist auch eine Gelegenheit, um sich mit anderen Sikhs aus der ganzen Welt zu treffen und sich auszutauschen. Es ist ein Zeichen der Verbundenheit und des Zusammenhalts innerhalb der Sikh-Community.

Taoismus

Im Taoismus, einer chinesischen Religion, wird das Pilgern zu heiligen Bergen und Stätten als „Guanxiu“ bezeichnet. Dabei geht es darum, durch eine Reise zu heiligen Orten spirituelle Erfahrungen zu sammeln und das innere Gleichgewicht zu finden. Die Pilgerreise kann auch dazu dienen, sich von weltlichen Belangen zu lösen und die Verbindung zu den Göttern und der Natur zu stärken.

Einer der bekanntesten Orte des Guanxiu im Taoismus ist der Berg Wudang in der chinesischen Provinz Hubei. Dieser Berg ist seit Jahrhunderten ein wichtiger Pilgerort für Taoisten und ist berühmt für seine vielen Tempel, Pagoden und Schreine, die in einer malerischen Berglandschaft eingebettet sind. Andere wichtige Pilgerstätten im Taoismus sind der Berg Qingcheng in Sichuan und der Berg Laoshan in Shandong.

Shintoismus

Im Shintoismus, der traditionellen japanischen Religion, gibt es viele heilige Schreine und Stätten, die von Pilgern besucht werden. Die Pilgerreise im Shintoismus wird als „Shugyo“ bezeichnet und ist eine wichtige spirituelle Praxis.

Eine der bekanntesten Pilgerstätten im Shintoismus ist der Kumano-Kodo-Pilgerweg, der durch die Berge auf der Kii-Halbinsel führt. Der Kumano-Kodo ist seit über tausend Jahren eine wichtige Pilgerstätte und besteht aus mehreren Wegen, die zu verschiedenen Schreinen und Tempeln führen. Die Pilgerreise auf dem Kumano-Kodo wird als „Kumano Sanzan“ bezeichnet, was „drei Berge von Kumano“ bedeutet.

Eine andere wichtige Pilgerstätte im Shintoismus ist der Schrein von Ise, der als der heiligste Schrein im Shintoismus gilt. Der Schrein ist der Göttin Amaterasu gewidmet, die als die Sonnengöttin verehrt wird. Der Ise-Schrein befindet sich in der Stadt Ise in der Präfektur Mie und ist seit über tausend Jahren ein wichtiger Pilgerort.

Die Pilgerreise im Shintoismus kann auch dazu dienen, die Verbindung zur Natur zu stärken und die Schönheit und Harmonie der natürlichen Umgebung zu schätzen. Viele heilige Stätten im Shintoismus befinden sich in malerischen Landschaften, wie zum Beispiel Berge, Flüsse, Wälder oder Küstenregionen.

Buddhismus

Im Buddhismus ist das Pilgern eine wichtige religiöse Praxis, die als „Yatra“ oder „Tirtha“ bezeichnet wird. Es gibt viele heilige Orte im Buddhismus, die Pilgerstätten sind und die Gläubigen besuchen können, um spirituelle Erfahrungen zu sammeln. Hier sind einige wichtige Pilgerorte im Buddhismus:

  • Bodh Gaya, Indien: Dieser Ort ist der wichtigste Ort im Buddhismus, da es der Ort ist, an dem der Buddha die Erleuchtung erlangte. Der Mahabodhi-Tempel ist der Ort, an dem der Buddha meditierte und wird von Buddhisten aus der ganzen Welt besucht.
  • Lumbini, Nepal: Dieser Ort ist der Geburtsort des Buddha und ein wichtiger Pilgerort im Buddhismus. Es gibt viele Tempel und Schreine in Lumbini, darunter der Maya Devi-Tempel, der die Stätte markiert, an der der Buddha geboren wurde.
  • Sarnath, Indien: Dieser Ort ist der Ort, an dem der Buddha seine erste Predigt hielt und als „Dharmachakra-Pravartana“ bekannt ist. Es gibt viele Tempel und Schreine in Sarnath, darunter der Dhamek-Stupa, der die Stätte markiert, an der der Buddha seine erste Predigt hielt.
  • Kandy, Sri Lanka: Dieser Ort ist der Heimat des Zahntempels, einem wichtigen Pilgerort im Buddhismus. Der Zahntempel beherbergt einen Zahn des Buddha und ist ein wichtiger Ort für die Verehrung und Anbetung im Buddhismus.
  • Mount Kailash, Tibet: Der Berg Kailash ist ein heiliger Berg im Buddhismus und in anderen Religionen wie dem Hinduismus, Jainismus und Bön. Er gilt als der Wohnsitz von Shiva und ist auch ein wichtiger Ort für Pilgerreisen im Buddhismus.

Während einer Pilgerreise im Buddhismus besuchen die Pilger oft mehrere heilige Orte und Tempel, meditieren, hören Vorträge und machen Rituale, um ihre spirituelle Praxis zu vertiefen. Pilgerreisen im Buddhismus sind auch eine Gelegenheit, um die Gemeinschaft anderer Buddhisten zu treffen und sich auszutauschen.

Pilgertraditionen in weiteren Religionen

  • Im Jainismus gibt es verschiedene heilige Stätten, zu denen Pilger reisen, um ihre Spiritualität zu vertiefen und ihre Sünden zu bereuen. Einige wichtige Pilgerstätten sind beispielsweise Shatrunjaya, Palitana und Siddhachal.

  • Im Konfuzianismus gibt es keine spezifische Pilgertradition, aber es gibt bestimmte Tempel und Schreine, die von Anhängern der Religion besucht werden, um ihre Ehrerbietung zu zeigen und ihre spirituelle Praxis zu vertiefen.

  • Im Zoroastrismus gibt es heilige Stätten, die als „Atash Behram“ bekannt sind, und zu denen Pilger reisen, um ihre religiöse Verbindung zu vertiefen. Die bedeutendsten Atash Behram-Stätten befinden sich in Indien und im Iran.

Pilgern im nicht-religiösen Sinn

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff „Pilgern“ oft auch außerhalb von religiösen Kontexten verwendet. In diesem Sinne kann es bedeuten, dass man eine Reise antritt, um einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Stätte zu besuchen, die für einen persönlich eine besondere Bedeutung hat, z.B. einen historischen Ort oder eine Stätte von persönlichem Interesse.

In diesem Kontext ist der Begriff „Pilgern“ also nicht auf eine bestimmte Religion beschränkt, sondern kann für jeden bedeutsamen Reisezweck verwendet werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Praxis des Pilgerns in ihrer ursprünglichen Form in der Regel eine religiöse Bedeutung hat und in vielen Religionen als eine spirituelle Praxis verstanden wird.

Aborigines in Australien

Die Aborigines in Australien haben eine reiche Kultur und spirituelle Tradition, die eng mit ihrer nomadischen Lebensweise verbunden ist. Aufgrund ihrer Beweglichkeit haben sie eine enge Beziehung zum Land und der Natur, die sich in ihrer Religion und Spiritualität widerspiegelt.

Die traditionelle australische indigene Spiritualität, auch bekannt als Dreaming oder Dreamtime, umfasst die Verbindung von Land, Menschen, Kultur und Spiritualität. Es ist ein umfassendes Konzept, das die Beziehung zwischen den Aborigines, dem Land und der spirituellen Welt erklärt.

Die Aborigines glauben, dass ihr Volk seit Anbeginn der Zeit von den Geistern der Schöpfung, den sogenannten Dreamtime-Geistern, geführt und gelehrt wurde. Diese Geister haben die Welt und die Natur erschaffen, und die Aborigines glauben, dass sie immer noch in der Welt präsent sind und Einfluss auf das tägliche Leben haben.

Pilgern ist kein zentraler Bestandteil der Aborigines-Religion. Allerdings gibt es innerhalb der Kultur der Aborigines bestimmte Orte, die für sie heilig und bedeutungsvoll sind, wie zum Beispiel heilige Felsformationen oder Wasserquellen. Die Aborigines besuchen diese Orte als Teil ihrer spirituellen Praxis, um sich mit der spirituellen Welt zu verbinden und ihre Beziehung zum Land und zur Natur zu vertiefen.

Die nomadische Lebensweise der Aborigines trägt auch zu ihrer spirituellen Praxis bei. Durch ihre ständige Bewegung und ihre enge Beziehung zum Land und der Natur sind die Aborigines ständig auf einer spirituellen Reise und suchen immer wieder nach neuen Wegen, um ihre Verbindung zur spirituellen Welt zu vertiefen.

Insgesamt betont die Aborigines-Religion die Bedeutung der Verbindung zum Land, zur Natur und zur spirituellen Welt. Die Aborigines glauben, dass alle Dinge miteinander verbunden sind und dass die Natur und die spirituelle Welt eine wichtige Rolle in ihrem täglichen Leben spielen.

Das gemeinsame Verbindende

Obwohl es viele Unterschiede in den Praktiken und Überzeugungen der verschiedenen Religionen gibt, gibt es eine gemeinsame Idee, warum Menschen pilgern. Eine Pilgerreise wird oft als eine Möglichkeit gesehen, um sich Gott oder der Göttlichkeit zu nähern, spirituelle Reinigung zu erfahren und das eigene spirituelle Wachstum zu fördern.

Pilgern kann auch als eine Möglichkeit angesehen werden, um dem Alltag zu entfliehen, den Geist zu klären und eine Pause von den Sorgen und Problemen des täglichen Lebens zu machen. Es kann auch als eine Möglichkeit dienen, um die Bedeutung bestimmter Orte, Ereignisse oder Personen in der religiösen Geschichte besser zu verstehen und zu würdigen.

Insgesamt kann Pilgern als eine spirituelle Reise betrachtet werden, bei der man sich auf eine innere Reise begibt, um seine Verbindung mit dem Göttlichen zu vertiefen und seinen spirituellen Horizont zu erweitern. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Gründe für eine Pilgerreise von Person zu Person und von Religion zu Religion unterschiedlich sein können.